Biografie

Johann Michael Haydn

lebte und wirkte 43 Jahre in Salzburg. Er war mit und nach W. A. Mozart die führende Musikerpersönlichkeit am fürsterzbischöflichen Hof. Ein Meister der Kirchenmusik, ausgezeichnet durch Kompositionsaufträge europäischer Fürstenhöfe, Lehrer und Vorbild großer Musiker. Sein Leben fiel in eine Zeit politischer, gesellschaftlicher und musikalischer Umbrüche und Veränderungen. In einer zunehmend von den Ideen der Aufklärung bestimmten Welt erlebte er hautnah die Reformvorhaben Fürsterzbischofs Colloredo, die Auswirkungen der Französische Revolution, den Beginn der napoleonischen Ära und den Aufbruch der sich aus diesem Wandel formierenden neuen bürgerlichen Gesellschaft.

Reiches kompositorisches Schaffen.

Michael Haydns Opus ist umfangreich und vielgestaltig: Es umfasst 838 Werke in nahezu allen Musikgattungen seiner Zeit. Den Schwerpunkt bildet, anders als bei Joseph Haydn und W. A. Mozart, die Kirchenmusik, mit der er zum Vorbild für eine ganze Generation von Musikern im süddeutsch-österreichischen Raum wurde.

Von besonderer Bedeutung sind die frühen Instrumentalwerke mit ihren originellen formalen Lösungen und fantasievollen Besetzungen, die großen Serenaden, die von Einfällen sprühenden musikdramatischen Werke für das Universitätstheater, das umfangreiche kirchenmusikalische Schaffen mit seinen traditionellen und progressiven Aspekten und im Bereich der Gesellschaftsmusik die innovativen Männerquartette, die den Weg für die großen Chor- und Männergesangsvereinigungen des 19. Jahrhunderts bereitet haben.

Großen Einfluss übte Michael Haydn auf W. A. Mozart aus, der aus seiner Musik wichtige Anregungen und Ideen bezog. Zahlreiche Spuren in den Werken Mozarts offenbaren diese maßgebliche Inspiration.

O Salzburg!

Anders als Mozart hat sich Michael Haydn in Salzburg zeitlebens wohl gefühlt. Diese tiefe innere Bindung führte dazu, dass er sich nie von Salzburg zu lösen vermochte, was auch Auswirkungen auf sein Werk zeitigte: Michael Haydn verharrte bis an sein Lebensende in seiner Salzburger Welt und damit künstlerisch letztlich in den hier dominierenden Konventionen, die sich, wie auch die abwechslungsreiche Geschichte der Stadt, in seinem Leben und Werk widerspiegeln. Er steht damit in direktem Gegensatz zu W. A. Mozart, der durch  viele Reisen seinen Horizont erweiterte, wechselnde Eindrücke erhielt und Bekanntschaft machte mit den berühmtesten Musikern seiner Zeit sowie den neuesten Strömungen und Entwicklungen der Musik.

Leben

1737 - Geburt

Michael Haydn wurde am 14. September als sechstes Kind des Wagnermeisters, Landwirtes, Weinbauers und späteren Marktrichters Matthias Haydn und seiner Frau Anna Maria, geb. Koller, im niederösterreichischen Rohrau, einem Dorf nahe der Leitha an der ungarischen Grenze, geboren.

Kindheit und Jugend nahmen einen ähnlichen Verlauf wie bei seinem um fünf Jahre älteren Bruder Joseph.

1745−1762 - Kindheit

Im Alter von acht Jahren wurde Michael Haydn, wie sein Bruder Joseph fünf Jahre zuvor, aufgrund seiner schönen Sopranstimme als Sängerknabe in das Kapellhaus zu St. Stephan in Wien aufgenommen und erhielt dort Unterricht in den Fächern Gesang, Violine, Klavier, Orgel und Musiktheorie.

Michael Haydns orientierte sich am Wiener Repertoire, vor allem am kirchenmusikalischen Stil Georg Reutters d.J., wie sich deutlich an seiner ersten erhaltenen Komposition zeigt: Die Missa in honorem Sanctissimae Trinitatis (MH 1) entstand  1754 zur Weihe des Domes in Temesvar.

20-jährig (1757) trat Michael Haydn seine erste Stelle als Musiker am bischöflichen Hof in Großwardein (heute Oradea an der rumänisch-ungarischen Grenze) an, wo er zunächst als Geiger, ab 1760 als Kapellmeister wirkte. In Großwardein entstanden, gemäß der dienstlichen Verpflichtung, Musik für Kirche und Hof zu schreiben, neben liturgischer Gebrauchsmusik Haydns erste Sinfonien und Konzerte, in denen er sich bereits erstaunlich versiert, einfallsreich und vielseitig präsentierte.

Bild: Michael Haydns erster Dienstherr, Baron Adam Patachich, Bischof von Großwardein.

1763-1771 - Fürsterzbischöflicher Hofmusicus

Im Jahr 1763 kam Michael Haydn nach Salzburg und trat als „Hofmusicus und Conzertmeister“ in den Dienst von Fürsterzbischof Sigismund Graf Schrattenbach.

Er schrieb zunächst vor allem Instrumentalmusik für den Hof (Sinfonien, Konzerte, Serenaden, Menuette, Kammermusik), daneben auch kleinere Kirchenwerke für den Dom.

Als neues Kompositionsfeld eröffnete sich ihm die reiche spätbarocke Salzburger Opern- und Theaterkultur. Michael Haydn lieferte Beiträge sowohl für das Hoftheater in der Residenz als auch für das Theater der 1622 gegründeten Benediktineruniversität mit seinen Bühnen in der Großen und Kleinen Aula. Er schrieb für das Universitätstheater die Musik zur Pantomime Der Traum (MH 34) sowie zu den Singspielen Die Hochzeit auf der Alm (MH 107) und Die Wahrheit der Natur (MH 118), für das Hoftheater Oratorien und Opern wie die Serenata Endimione (MH 186) und die Opera seria Andromeda e Perseo (MH 438).

In der opernlosen Fastenzeit wurden geistliche Singspiele aufgeführt. Die Schuldigkeit des ersten Gebots verfasste Michael Haydn (1. Teil) zusammen mit seinen Kollegen W. A. Mozart (2.Teil) und Cajetan Adlgasser (3. Teil).

Für besondere Anlässe und Jubiläen der Klöster Lambach, Nonnberg, Michaelbeuern und St. Peter komponierte er Applausus-Kantaten.

1769 - Hochzeit

Ich küsse Dich von Herzen. Am 17. August heiratete Michael Haydn die Hofsängerin Maria Magdalena Lipp, Tochter des Domorganisten Franz Ignaz Lipp. Sie wurden in der heute nicht mehr bestehenden Corpus-Christi-Bruderschaftskirche in der Kaigasse getraut. Als Trauzeugen fungierten der Hofkammersekretär Nikolaus Strasser sowie Stadtrat Johann Gottlieb Pergmayr. Zur Hochzeitstafel im Tanzmeisterhaus am Hannibalplatz (heute Makartplatz) war die gesamte Hofmusik geladen. Das junge Paar bezog ein Mietshaus, das der Erzabtei St. Peter gehörte. Heute befindet sich an dieser Stelle die Talstation der Festungsbahn.

Maria Magdalena Lipp, die wunderbar singen, aber schlecht haushalten konnte, sang viele Sopranpartien in W. A. Mozarts Jugendwerken (wie die Rosina in La finta semplice 1769). 1772 schrieb Mozart ihr das Regina Coeli KV 127 mit einer sehr anspruchsvollen Sopranpartie auf die geläufige Gurgel („für die Haydin gemacht“, notierte Leopold Mozart). Die Haydin kaufte viel ein und machte gerne Schulden, die immer wieder zu Gehaltspfändungen führten und einen steten Geldmangel im Hause Haydn nach sich zogen. Die einstmals bewunderte und berühmte Hofsängerin starb verarmt im Jahr 1827.

1770 - Geburt des Kindes

Am 31. Januar wurde Aloysia Josepha, das einzige Kind des Ehepaares Haydn, geboren und im Salzburger Dom getauft. Taufpatin war Maria Maximiliana Gräfin Firmian, die Frau von Obersthofmeister Franz Lactanz Firmian, der für die Hofmusik verantwortlich war. Aloysia starb bereits im darauf folgenden Jahr, wenige Tage vor ihrem ersten Geburtstag. Die Säuglingssterblichkeit jener Zeit war sehr hoch, zudem verschlechterten eine Hungersnot (1770-1772) und eine Pockenepidemie die Lebenssituation der Salzburger Bevölkerung.

Der Tod des Kindes hinterließ tiefe Wunden, beide Ehepartner flüchteten sich in berufliche Herausforderungen. Haydn machte es sich zudem zur Angewohnheit, am Nachmittag über den Mönchsberg zum Augustiner-Kloster Mülln (Bild) zu spazieren, um Zerstreuung zu suchen. Er las dort im Zimmer eines befreundeten Konventualen ein gutes Buch, spielte Pianoforte, korrigierte ihm vorgelegte Partituren und trank ein Glas Bier.

1771 - die erste große kirchenmusikalische Komposition

Fürsterzbischof Sigismund Graf Schrattenbach starb am 16. Dezember 1771.

Michael Haydn schrieb mit der Missa pro defuncto Archiepiscopo Sigismondo, einem Requiem in c-Moll, seine erste große kirchenmusikalische Komposition für Salzburg ‒ ein exemplarisches Werk, bei dessen Aufführung im Dom vermutlich auch Vater und Sohn Mozart mitwirkten.

Den 16jährigen Mozart  dürfte das sogenannte Schrattenbach-Requiem (MH 155) tief beeindruckt haben, wie sich in seinem 20 Jahre später entstandenen unvollendeten Requiem KV 626 offenbart.

1772 - eine neue Ära

 

 

Der Regierungsantritt von Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo im Jahr 1772 brachte einschneidende Veränderungen im höfischen Musikleben mit sich, die auch auf Michael Haydn ausstrahlten.

In dieser Zeit rückte die Kirchenmusik in das Zentrum seines Schaffens. Diese stand im Dienste der kirchenreformatorischen Bestrebungen des neuen Dienstherrn.

Colloredo, fortschrittlich, hoch gebildet, weltmännisch und energisch, war den Ideen der Aufklärung verpflichtet, war ein Reformer im Sinne des Josephinismus, unter dem Salzburg zu einem Zentrum der Spätaufklärung in Mitteleuropa wurde.

Sein Aufsehen erregendes Programm veröffentlichte er 1782 in einem Hirtenbrief. Die dort formulierten Anordnungen brachten im Bereich der musikalischen Gestaltung des Gottesdienstes grundlegende Neuerungen.

Die nachhaltigen Folgen für den Kompositionsstil spiegelten sich in den kirchenmusikalischen Werken, die Michael Haydn und Mozart zu dieser Zeit schrieben, wider.

1773 - 1782 - erster Konzertmeister

Im Jahr 1773 avancierte Michael Haydn zum ersten Konzertmeister der fürsterzbischöflichen Hofkapelle.

Nach dem Tod des Hoforganisten Anton Cajetan Adlgasser 1777 übernahm er den Organistendienst an der Dreifaltigkeitskirche. Leopold Mozart beschimpfte ihn aus Ärger darüber, dass sein Sohn dieses Amt nicht übertragen bekommen hatte, als „Säufer“ und „Faulpelz“.

Haydns Hieronymus-Messe MH 254, die zum Allerheiligenfest das erste Mal im Dom erklang, lobte Leopold Mozart in einem Brief an seinen Sohn in Johann-M-Hayden-PortaitMannheim allerdings in höchsten Tönen.

1782 übernahm Michael Haydn – als Nachfolger W. A. Mozarts – die Funktion des Hof- und Domorganisten und die mit diesem Amt verbundene Aufgabe, am Fürsterzbischöflichen Kapellhaus die Domsängerknaben zu unterrichten.

Michael Haydn war ein äußerst begehrter und beliebter Lehrer, zu seinen Schülern zählten u.a. Anton Diabelli, Sigismund von Neukomm oder Carl Maria von Weber (Bild).

Zum Säkularfest des Erzstiftes im selben Jahr komponierte er die Rupertus-Messe MH 322, die mit der Kombination von Feierlichkeit und Kürze ein typisches Beispiel für den salzburgspezifischen Mischtypus missa brevis ac solemnis darstellt.

1783 - Gradualien

Michael Haydn erhielt von Fürsterzbischof Colloredo den Auftrag, die am Dom üblichen Epistelsonaten durch liturgische Kompositionen (Gradualien) zu ersetzen.

Das erste Graduale (Viderunt omnes, MH 341) fertigte er für den Weihnachtstag 1783, in der Folge entstanden mehr als 100 Werke dieses Genres, mit denen Haydn Maßstäbe in der Vertonung liturgischer Musik setzte.

1786 - große Kompositionsaufträge

Große Kompositionsaufträge europäischer Fürstenhöfe dokumentieren Michael Haydns Anerkennung weit über regionale Grenzen hinaus.

Die Missa hispanica MH 422, ein Auftragswerk für den spanischen Hof, entstand 1786, Werke für das Kaiserhaus in Wien folgten (Theresien-Messe MH 796, Missa subtitulo Sancti Francisci Seraphici MH 826 mit dem Offertorium Domine Deus MH 827, dem Graduale Cantate Domino MH 828 sowie dem Te Deum MH 829.)

"Man kann den Michael Haydn den eigentlichen beliebten Kompositeur der regierenden Kaiserin nennen.“ (P. Beda Hübner OSB). Kaiserin Marie Therese (1772-1807), Enkelin von Kaiserin Maria Theresia und zweite Ehefrau von Kaiser Franz II., war eine begabte Sängerin: „Sie haben mir doch die Sopranstimme nicht zu schwer gesetzt? Ich singe sie selbst.

1788 - Vokalmusik

In seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten widmete sich Michael Haydn intensiv der weltlichen Vokalmusik, die er für die geselligen Treffen mit seinen Freunden schrieb. Die  ersten „Gesänge zu 4 Männer-Stimmen“ entstehen.

Die neuartigen vierstimmigen a-cappella-Lieder, die an einen spezifischen Vortragsstil gebunden waren, wurden weit über die Grenzen hinaus bekannt und als „Salzburger Besonderheit“ berühmt. Sie gelten als Wegbereiter der Männerchorgesangbewegung im 19. Jahrhundert.

1789 - Besuche beim Bruder in Wien

Mindestens zwei Mal besuchte Michael Haydn, der höchst ungern reiste, seinen Bruder Joseph (Bild) in Wien.

1789 erlebte er an dessen Seite Konzerte und Akademien ‒ u.a. wohnten die beiden einem Auftritt des jungen Ludwig van Beethoven im Schikaneder-Theater auf der Wieden bei ‒ und genoss die ihm zuteil werdenden Ehrungen und Einladungen.

1790 - Der heilige Gesang zum Gottesdienste

Im Jahr 1790 erschien die von Haydn „vermehrte und verbesserte“ Ausgabe des Salzburger Kirchengesangsbuchs Der heilige Gesang zum Gottesdienste in der Römisch-Katholischen Kirche, das Fürsterzbischof Colloredo 1781 im Zuge seiner Verordnung des deutschen Kirchengesanges eingeführt hatte.

Michael Haydn schuf darüber hinaus eine Reihe von neuen geistlichen Liedern, neben größeren Werken wie Deutschen Choralvespern und einem Deutschen Magnificat und Te Deum, auch das Weihnachtslied Heiligste Nacht, das in Besetzung und Stil bis in Franz Xaver Grubers Stille Nacht! Heilige Nacht! nachwirkte und lange Zeit für ein Michael-Haydn-Werk gehalten worden ist.

Mit diesen deutschsprachigen Liedern in homophonem, vergleichsweise einfachem Stil brachte Michael Haydn einen neuen Akzent in die Kirchenmusik, der auch in der lateinisch sprachigen Messkomposition Resonanz fand. Große Bekanntheit erlangte er mit dem Deutschen Hochamt Hier liegt vor deiner Majestät MH 560, einer Komposition, die nur zum Teil auf ihn zurück geht, jedoch erst in seiner Version populär wurde.

1800-1805 - die letzten Lebensjahre

In seinen letzten Lebensjahren musste Michael Haydn plündernde französische Truppen – auch er wurde während der Besatzung Salzburgs durch die Franzosen überfallen und fast seiner gesamten Habe beraubt – die Abdankung von Fürsterzbischof Colloredo, das Ende des Erzstiftes Salzburg sowie der fürsterzbischöflichen der Hofkapelle miterleben.

Der neue Landesherr, Kurfürst Erzherzog Ferdinand I., ehemaliger Großherzog der Toskana, besetzte die wichtigsten Stellen in der Hofkapelle mit Italienern, Michael Haydn blieb das Amt des Hof- und Domorganisten.

Anfang September 1801 reiste er mit seinem Freund P. Werigand Rettensteiner OSB nach Wien. Anlass war die Präsentation der von Kaiserin Marie Therese in Auftrag gegebenen Theresien-Messe MH 796. Die Probe mit der Kaiserin, die die Sopran-Soli selbst sang, fand am 23. September, die Aufführung der Messe am 4. Oktober in Schloss Laxenburg statt.

Mit Bruder Joseph besuchte er auch Eisenstadt und begegnete Fürst Nikolaus II. Esterházy, der eine Messe und andere Kirchenwerke bei ihm bestellte. Zudem bot er ihm die Vizekapellmeisterstelle an seinem Hof in Eisenstadt an. Michael Haydn hätte mehr als das Doppelte verdient wie in Salzburg, er lehnte jedoch ab. Die innere Bindung an Salzburg, seine Freunde und Schüler war zu stark.

Im Februar 1804 wurde Michael Haydn zum externen Mitglied der Königlich-Schwedischen Musikakademie in Stockholm ernannt.

Neben den kriegerischen Ereignissen und einer prekären finanziellen Lage laborierte Michael Haydn an den Folgen zweier schwerer Unfälle, die sich im Winter 1804/05 ereigneten. Nach einem Abendessen im Konvent in St. Peter rutschte er aus, stürzte und blieb in der Eisenkälte längere Zeit schwer verletzt liegen, er dürfte neben Gesichtsverletzungen auch eine Nierenquetschung erlitten haben. Bei einem zweiten Unfall wurde er, ebenfalls des Nachts, in der Nähe des Doms von der Kutsche eines Ministers niedergefahren. Er wurde an die Dom-Mauer geschleudert und fiel auf seine Tabakdose, die unter der Wucht des Sturzes zerbrach.

1806 - der Tod

Michael Haydn starb am 10. August 1806 im Alter von 69 Jahren über der Komposition seines zweiten Requiems, das Kaiserin Marie Therese bei ihm bestellt hatte. Sein Begräbnis war eines der größten, das Salzburg je gesehen hatte, ein imposanter Akt des Respekts und der Zuneigung der Bevölkerung seiner Wahlheimat, für die er zeitlebens eine „große und unwiderstehliche Vorliebe“ gehegt hatte.

Begraben wurde er auf dem Friedhof von St. Peter in der so genannten Kommunegruft, in der später auch Mozarts Schwester Nannerl ihre letzte Ruhestätte fand.

1806, 1808 - Erste ausführliche Lebensbeschreibung

Wenige Monate nach Michael Haydns Tod verfasste P. Beda von Hübner, der Neffe des Abtes von St. Peter und einer der besten Chronisten des Salzburger Lebens seiner Zeit, die erste ausführliche Lebensbeschreibung (Nachrichten über das Ableben des großen Tonkünstlers Johann Michael Haydn), 1808 erschien die von Haydns Freunden herausgegebene Biographische Skizze von Michael Haydn.

1821 - Haydn-Monument

1821 wurde gegenüber dem Grab des Heiligen Rupert – der prominente Platz muss als Privileg und hohe Auszeichnung gedeutet werden – ein Haydn-Monument in der Stiftskirche St. Peter errichtet, 20 Jahre bevor Mozart ein Denkmal in Salzburg erhielt. Als Franz Schubert, der von Michael Haydn vor allem im Bereich der deutschen Kirchenmusik und des Quartett-Gesangesbeeinflusst wurde,1825 Salzburg besuchte, führte ihn einer seiner ersten Wege zu diesem Monument, vor dem er tiefgerührt inne hielt, wie er seinem Bruder in einem Brief mitteilte:„Es wehe auf mich, dachte ich mir, dein ruhiger, klarer Geist, du guter Haydn, und wenn ich auch nicht so ruhig und klar sein kann, so verehrt dich doch gewiß Niemand auf Erden so innig al sich. Eine schwere Thräne entfiel meinen Augen….“

Zitate

Wie aber Michael Haydn…in ganz Salzburg ungemein angesehen, und beliebt war, so gab er bald der ganzen salzburgischen Hof-, und Kirchen Musik eine ganz andere Gestalt, und Reform. Man wollte fast nirgendwo mehr etwas anderes hören, nichts anderes in Gotteshäusern von Kirchen Musik machen, als lauter Haydnsche Kompositionen … Haydn konnte beinahe nicht genug komponiren. Alle Philharmoniker hangen an ihm, verlangten Kompositionen und Haydn, damals ungemein lebhaft, thätig, und gefällig lieferte eine Menge derselben.

Er war sehr fleissig im Komponieren, und wer ihm die rastlose Tätigkeit darinnen abspricht, der darf wirklich einer Unwissenheit, oder Abneigung  bestrafft werden. Wären alle seine Werke versammelt; so macheten solche mehrer, als 20 dickleibige Folianten aus.

Salzburg wurde gar bald durch diesen Tonkünstler noch mehr berühmt und bekannt. Er war gleich kunsterfahren in der Violin, als an dem Klavezin, aber seine Stärke hatte er in seinen Kompositionen, besonders zum heiligen Gottesdienst, und zur Kirchenmusik, worinnen ihm gar keiner gleich kam unter allen anderen komponirenden Tonsetzern.

Doch machte er ein Nichts aus sich Selbst. Man könnte ihn einigermaßen einen Stoiker, einen trockenen Sokrates, und einen eigentlichen Philosophen nennen. Man hörte ihn in gesellschaftlichen Gesprächen wenig oder gar nichts reden, außer es war ein musikalisches Register…

P. Beda von Hübner OSB, 1806

 

Bevor Michael Haydn die Feder zur Arbeit ansetzte, durchdachte er den Gegenstand lange, betrachtete ihn von allen Seiten, besonders in Hinsicht auf den Inhalt und Ausdruck des Textes, (…) dann entwarf er Skizzen meistens mit beziffertem Baß, und schritt endlich zur Ausarbeitung des Werkes selbst, welches dann so schnell als glücklich zu Stande gebracht wurde. (…) Alle seine Sparten sind schön, richtig, deutlich – fast ohne Correktur oder Radierung, wie man sie kaum von einem anderen Tonsetzer zu sehen bekömmt, geschrieben. In jeder Sylbe des Textes steht richtig der Vokal gerade unter der Note, wohin seine Aussprach gehört. Die Bezifferung der Grundnoten ist zur Vermeidung aller Dissonanzen auf das genaueste hingeschrieben.

Er verstand es, wie keiner, den Geist der Dichtung und Rede in seiner ganzen Glorie in das Reich der Töne einzuführen, ohne dass er ihn je in einem einzigen Zuge entstellt hätte.

Er konnte kein Nachbether fremder Arbeiten seyn; denn sein Styl in der Kirchenmusik, worinn er sich besonders hervorthat, ist ganz original. Selbst sein Bruder Joseph bekannte ungeheuchelt, daß ihn Michael hierinn übertreffe; und vor ihm hatte noch keiner – selbst Mozart nicht, in dieses Fach gleiche Kunst, Harmonie, Würde und Andachtsgefühl hineingezaubert.

Biographie des Salzburgischen Concertmeisters Michael Haydn, 1808

 

…es wurde die Hautb:Meß [Oboen-Messe] vom Haydn gemacht, er Tacktierte sie selbst … Mir gefiehl alles ausserordentlich wohl … Die ganze Historie dauerte 5 viertl Stunde, und mir war es zu kurz, dann es war wirk[lich] trefflich geschrieben. Es geht alles natürlich fort; die Fugen, sonderheitl das Et vitam etc: im Credo und das Dona nobis, dann das alleluja im offertorio sind meisterlich durchgearbeitet, die themata natürlich und keine übertriebene modulation oder zu gähe Ausweichung angebracht. Das Graduale, anstatt der Sonaten ist ein förmlicher Contrapunkt durchaus in pieno … sollte ich diese Messe, über Kurz oder Lange bekommen können, so schicke ich dir solche gewiß.

Leopold Mozart an seinen Sohn W.A. Mozart über Michael Haydns Hieronymus-Messe, 1. 11. 1777

 

Michael Haydn hat lauter Meisterwerke geliefert – alles ist klassisch und neu … Mozart erkannte ihn für den größten Kirchenkomponisten …

Sigismund Ritter von Neukomm an den Verleger Kühnel in Leipzig,
14. 01. 1809

 

„Jeder Kenner der Tonkunst und ihrer Literatur weiß, und wusste schon längst, dass Michael Haydn, als Kirchencomponist, unter die ersten Künstler dieses Faches, aus jeder Zeit und jeder Nation gehört.“

E.T. A. Hoffmann, Leipziger Allgemeine Musikalische Zeitung, 1812

 

Welche Kunst in seinen Kirchenmusiken herrsche, kann man daraus abnehmen, dass sein Bruder und Mozart ihm die Meisterschaft in dieser Gattung zuerkannten.

Ernst Ludwig Gerber, Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (1812-1814)

 

 Rausch und Spiele waren ferne von ihm. Mäßigkeit in Denken, Reden, auch andere Musikwercke zu beurtheilen, war, was ihn geliebt und schätzenswerth machte.

Überall wo er sich einfand, war er hochbeliebt, und freundschaftlichst bei allen musikalischen Zusammenkünften geehret.

P. Gabriel Hutter OSB

 

Nichts gleicht und übertrifft den Satz und die erquickende Harmonie, die Michael in seine Kirchenmusik, in den Contrapunkt und in seine vierstimmigen kanonartigen Lieder zu zaubern weiß ….

Friedrich Graf Spaur, Nachrichten über das Erzstift Salzburg

 

Und ganz gewiß besäßen wir nicht das Finale der Jupiter-Sinfonie in seiner besonderen Gestalt, in seiner kontrapunktischen Haltung, ohne ein Fugato betiteltes Finale einer C-Dur-Sinfonie Michaels, datiert: 19. Februar 1788. Hier ist kein Zweifel möglich.

Alfred Einstein

 

Joseph eilt mit dem Schrittmaß des Genies ins Zeitlose, während der jüngere Bruder in freundlicher Behaglichkeit die einmal erreichte Höhe… und den wohlverdienten Ruhm des kleineren Kreises geruhsam festhält.

Bernhard PaumgartnerSalzburger Landes=Zeitung Nr. 33
vom 17. August 1956